Herausforderungen entlang der Lederlieferketten
In short:
- The global leather supply chains are facing a number of sustainability challenges due to leather chemistry including impacts on environment and health, compliance issues, lack of traceability and business models.
- The project team conducted a scenario process that yielded a number of factors that influence the use of chemicals along the supply chains – today and in 2035.
Der Herstellungsprozess von Leder erfordert den Einsatz von Chemikalien. Rechtliche Anforderungen und Vorgaben seitens der Chemikalienindustrie über die sorgfältige Verwendung sollen verhindern, dass die Chemikalien Mensch und Umwelt belasten. In der modernen Lederindustrie sind jedoch global verzweigte Lieferketten die Regel, was Markenhersteller und den Handel vor enorme Herausforderungen stellt: bei der Kontrolle der Prozesse (Lederherstellung und Verarbeitung, weitere Geschäftsprozesse), bei Compliance-Aktivitäten sowie hinsichtlich der Fähigkeit, den Einsatz und die Entwicklung einer „nachhaltigeren Chemie“ aktiv bei ihren Zulieferern einzufordern.
Chemikalien in der Gerbung: Direkte und indirekte Belastungen für Mensch und Umwelt
Betrachtet man die Produktionsschritte im Lebensweg eines Lederprodukts – beginnend am Schlachthof, wo als Nebenprodukt die Haut als Rohware anfällt, über die verschiedenen Gerbstufen bis hin etwa zur Schuhfabrik – können über die eingesetzten Chemikalien an vielen Stellen Belastungen für Mensch und Umwelt entstehen. Viele der Chemikalien sind problematisch, da sie etwa Gefahrenkennzeichnungen auf Basis der global harmonisierten Einstufungsregeln (GHS) tragen.
Unmittelbar nach dem Schlachtvorgang gilt es, die Rohhaut für die weiteren Fertigungsschritte zu konservieren. Hierzu lassen sich problematische Stoffe anwenden (Biozide, Fungizide etc.). Diese sind allerdings hochpreisig in der Beschaffung. Daher kommt vielfach auch die „Haushaltschemikalie“ Kochsalz zum Einsatz, die ebenfalls Gefahren für Ökosysteme birgt, wenn das Abwasser nicht sachgemäß entsorgt wird. Kühlung steht als Konservierungsmethode wegen des technischen und logistischen Aufwands und wegen der entstehenden (Energie-)Kosten oftmals nicht zur Verfügung. Auch im weiteren Lebensweg bei der (Zwischen-)Lagerung der verarbeiteten Rohhaut und des Endprodukts kann eine Konservierung erforderlich sein.
In der sogenannten Wasserwerkstatt sind die Häute für die spätere Gerbung durch chemische Prozesse zu enthaaren und zu entfetten, was in der Regel – und notwendigerweise – mithilfe von „aggressiven“ Chemikalien erfolgt.
Mit Blick auf den eigentlichen Gerbprozess lassen sich drei Grundtypen – mineralische, vegetabile sowie synthetische Gerbung – unterscheiden, wobei in der Praxis häufig Mischformen dieser Methoden vorkommen. Mehr als 80 Prozent des global verfügbaren Leders gehen zurück auf Gerbung, die ganz oder teilweise auf der mineralischen Chemikalie Chrom III basieren. Chrom III gilt als vergleichsweise effiziente Gerbchemikalie, die in dieser Form auch keine nennenswerten Risiken für den Menschen oder die Umwelt birgt. Allerdings kann Chrom III zu dem problematischen Stoff Chrom VI oxidieren, der u.a. als krebserregend eingestuft ist sowie sensibilisierend (allergieauslösend) wirken kann. Chrom VI entsteht besonders durch Verfahrensfehler im Laufe der Gerbung, kann sich aber auch im weiteren Lebensweg des Leders in Folge der (unsachgemäßen) Handhabung bilden. Auch die alternativen Gerbchemikalien können eine Belastung für Mensch und Umwelt darstellen. So weisen eingesetzte Aldehyde ebenfalls Gefahrkennzeichnungen auf. Zudem basiert die Produktion dieser Stoffe, wie bei fast alle handelsüblichen organischen Chemikalien, in der Regel auf fossilen Rohstoffen. Vegetabile Gerbstoffe weisen mit Blick auf ihre intrinsischen Eigenschaften ein vorteilhaftes toxikologisches Profil auf. Allerdings führt die vegetabile Gerbung auch zu einer Belastung der Abwässer, da sie einen höheren chemischen und biologischen Sauerstoffbedarf aufweist als z.B. Chrom III. Zudem sind die ökologischen und gesundheitsbezogenen Implikationen im Zusammenhang mit dem Anbau vegetabiler Gerbstoffe zu beachten (Flächennutzung, Monokulturen führen zu Biodiversitätsverlusten, Konkurrenz mit Lebensmittelversorgung). Mithin haben alle gängigen Gerbmethoden spezifische Vor- und Nachteile.
Nach der Gerbung folgt noch die Zurichtung ("Finish") des Leders, in dessen Rahmen Chemikalien das Material an der Oberfläche mit Blick auf die jeweils gewünschten Eigenschaften (Schutz vor Nässe, UV-Beständigkeit, Färbung etc.) optimieren. Dazu wird das Leder z.B. lackiert bzw. laminiert.
Anschließend verarbeiten nachgelagerte Akteure das Leder ggf. weiter zu Endprodukten. Auch hierbei ist das Material oftmals Chemikalien ausgesetzt, wie z.B. Klebstoffen (etwa bei Schuhen), die unerwünschte (Neben-)Reaktionen der Chemikalien im Leder auslösen können.
Herausforderung Compliance
Für viele der problematischen Stoffe in der Lederproduktion gelten in der EU und teilweise auch an anderen Standorten gesetzliche Anforderungen, die deren Einsatz beschränken oder anderweitig regulieren (z.B. über Berichtspflichten). Dies gilt bspw. für manche der im Finish eingesetzten per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC). Zentral ist daneben die Beschränkung laut der EU Chemikalienregulierung REACH von Chrom VI in Ledererzeugnissen, die mit der Haut in Kontakt kommen können. Interne Kontrollen von – mitunter auch namhaften – Markenherstellern oder von Vollzugsbehörden zeigen, dass der Chrom VI-Grenzwert von 3 mg/kg (0,0003 Gewichtsprozent) in Lederprodukten häufig überschritten wird. Viele Unternehmen betreiben merklichen Aufwand, um ihre Compliance-Risiken zu reduzieren z.B. durch die Auswahl zuverlässiger Lieferanten sowie durch chemische Tests von Produkten, bevor diese in den Verkehr kommen. Die gängigen Kontrollverfahren können das Risiko von Produktkontaminationen mit Chrom VI und anderen regulierten Stoffen reduzieren – völlig ausschließen können sie diese jedoch nicht.
Prozesskontrolle und Know-how
Viele der beschriebenen Belastungen lassen sich vermeiden durch professionalisierte Arbeitsabläufe sowie den Einsatz von Prozesstechnologien auf dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik. Während die in Deutschland ansässige Lederindustrie über entsprechendes Know-how verfügt, werden bereits innerhalb der EU an manchen Standorten die Kapazitätsgrenzen für die Abwasseraufbereitung erreicht. Zudem ist hinsichtlich der Lederproduktion in Entwicklungsländern die Lage deutlich angespannter. Hier soll oftmals ungelerntes Personal die komplexen chemischen Prozesse des Gerbens steuern; zudem fehlt es an Investitionen in moderne Umwelttechnologien und an Experten, um diese zu bedienen.
Innovationen für eine nachhaltigere Lederchemie?
Große Teile der Lederindustrie wurde an Standorte des „globalen Südens“ verlagert, wo sich Leder im Niedriglohnsektor massenhaft produzieren lässt. Hier steht die Produktion zu geringen Arbeits- und Investitionskosten im Vordergrund. Die Gerbereien Europas investieren zwar in Umwelttechnologien, haben wegen des Kostendrucks den Aufwand für Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten jedoch erheblich reduziert und fokussieren diese vor allem auf Optimierungen der vorhandenen Prozesse (inkrementelle Innovationen). Die Chemieindustrie in Europa spielt eine führende Rolle im globalen Markt für Lederchemikalien. Sie stellt die Hilfsmittel für die gängigen Herstellungsprozesse von Leder bereit und profitiert somit auch von der Dominanz der Chromgerbung. Daneben forscht die Chemieindustrie auch an alternativen Gerbverfahren und Chemikalien, für die allerdings offenbar keine ausreichend große Nachfrage seitens der Markenhersteller und des Handels existiert.
Mangel an Transparenz und Rückverfolgbarkeit
In der modernen Lederindustrie sind global verzweigte Lieferketten die Regel, was Markenhersteller und den Handel vor enorme Herausforderungen bei der Kontrolle der Prozesse stellt. Eine paradigmatische Lieferkette könnte etwa wie folgt aussehen: Aufzucht und ggf. Schlachtung in Südamerika, Gerbung bis Wetblue (frisch gegerbtes Leder unmittelbar nach der Chromgerbung) in Indien, Färbung und Zurichtung in China, Fertigung des Erzeugnisses (z.B. Schuh) in Vietnam, Vertrieb in Nordamerika oder Europa. Der in Europa ansässige Markenhersteller hat Kontakt zu seinem direkten Lieferanten, d.h. zumeist dem Importeur. Die Identität von Sublieferanten entzieht sich regelmäßig jedoch seiner Kenntnis. Eine Rückverfolgbarkeit, welche Chemikalien in welchem Prozess von wem eingesetzt wurden (mit weiteren Informationen zu Produktionsweisen, Arbeitsschutz, Abfallmanagement, sozialen Aspekten etc.), existiert lediglich in der Automobilindustrie – und auch hier mit Einschränkungen. Dies erschwert die Prozesskontrolle, Compliance-Maßnahmen sowie die Fähigkeit von Brands, eine „nachhaltigere Chemie“ aktiv bei ihren Zulieferern nachzufragen.
Geschäftsmodelle nicht ausreichend an Nachhaltiger Entwicklung orientiert
Vor dem Hintergrund einer Nachhaltigen Entwicklung in Bezug zur Lederchemie basieren die globalen Lieferketten auf etablierten Geschäftsmodellen, die für das Umdenken in Richtung einer „nachhaltigeren“ Lederchemie Hemmnisse darstellen können. Hier bedarf es neuer oder weiterentwickelter Ansätze. Anknüpfungspunkte dafür bieten etwa Prozess- und Produktinnovationen, ein effektiveres sowie effizienteres Lieferketten-Management und Geschäftspraktiken wie „Product-Service-Systems“.
Problembeschreibung anhand von Einflussfaktoren für den Chemikalieneinsatz in der Lederindustrie
Im Jahr 2019 erfolgte im Lederprojekt der Hochschule Darmstadt ein Szenario-Prozess mit Akteuren aus der Lederlieferkette (Chemische Industrie, Gerbereien, Verbraucherhandel, Automobil) und weiteren Stakeholdern (NGOs, Wissenschaft). Dieser identifizierte zunächst die Einflussfaktoren im Hinblick auf den Einsatz und Umgang in den globalen Wertschöpfungsketten mit Chemikalien bei der Herstellung von Leder. Zu jedem Einflussfaktor existiert außerdem ein kurzer Abriss zum Status Quo:
Definition |
Status Quo |
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Ergeben sich aus den Anwendungsbereichen von Leder und dem Nutzungsverhalten von Lederprodukten. |
Leder ist sehr weit verbreitet und findet in einer Vielzahl von Produkten Anwendung. Dabei gibt es bislang enorme qualitative Unterschiede. Für einige Bereiche gibt es bislang noch kein vergleichbares Ersatzmaterial. Entwicklungen (z.B. im Kunststoffbereich) lassen dies allerdings erwarten. Die Anforderungen an die Funktionalität von Leder sind stark abhängig von der Anwendung und auch von der Region. |
Definition |
Status Quo |
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Umfasst Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Löhne in den Produktionsländern. Die Arbeitsbedingungen sind in erster Linie der Lederindustrie (und deren Abnehmern) zugeschrieben (siehe zur Abgrenzung „Standortfaktoren“). |
Die Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern (etwa globaler Süden) sind schlecht bis katastrophal. Besonders, wenn ausschließlich der Heimatmarkt bedient wird. Bestehen internationale Einkaufsbeziehungen zu den Produktionsbetrieben verbessern sich die Arbeitsbedingungen. |
Definition |
Status Quo |
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CO₂-Emissionen, die in den Wertschöpfungsketten zu Leder entstehen – die Fleischproduktion ausdrücklich eingeschlossen. Anpassungsmaßnahmen sind impliziert. |
Die Produktion von Leder (inkl. Transport, Einsatzmaterialien wie Chemie, Gerbprozess) sowie von Fleisch und Milch weisen eine hohe Treibhausgasrelevanz auf. In bestimmten Sektoren (hohe Qualitätsanforderungen) gibt es jedoch bereits den Trend zur Re-Regionalisierung, was sich dort positiv auf den CO₂-Ausstoß auswirkt. |
Definition |
Status Quo |
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Gesetze und z.B. internationale Vorgaben (dazu zählen auch ILO-Normen) regulieren den Einsatz von Chemie in der Lederproduktion (einschließlich human- und ökotoxikologische Anforderungen), wobei nationale Unterschiede bestehen bzw. globale Standards fehlen. |
Derzeit bestehen völlig unterschiedliche Situationen in den Abnehmerländern mit stringenteren regulatorischen Standards (Schutz von Umwelt, Verbraucher, Arbeitnehmer, Tierwohl) und den Lieferländern, wo solche Standard entweder nicht existieren oder nicht angewendet/durchgesetzt werden. |
Definition |
Status Quo |
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Umfasst NGOs, Presse, Medien, bestimmte Verbrauchergruppen und weitere Akteure. Unfälle und Skandale, z.B. in Produktionsländern, und Proteste beeinflussen die (kritische) Öffentlichkeit. Sie schafft auch Bewusstsein für human- und ökotoxikologische Aspekte. |
Die kritische Öffentlichkeit verfügt über Wissen bezüglich Chemikalien in Leder und den Herstellungsprozessen und sie ist einflussreich. Sie hat sich dem Thema „Chemikalien in Leder“ angenommen und verfügt über die Plattformen zur Informationsverbreitung. |
Definition |
Status Quo |
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Umfasst horizontale und vertikale Kooperationen, d.h. neue Formen der Branchen-Kooperation (horizontal) und Integration in der Lieferkette (vertikal). Transparenz, Dialogbereitschaft und die Kultur der Zusammenarbeit wirken auf organisationale Innovation. |
Aktuell zeigt sich ein heterogenes Bild im Hinblick auf organisationale Innovation. Es bestehen punktuelle horizontale Kooperationen (z.B. Leather Working Group). Vertikal erfolgen insbesondere Zusammenschlüsse (Integration) der direkten Zulieferer („Tier 1“) und der ersten Sublieferanten. |
Definition |
Status Quo |
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Ergeben sich in erster Linie aus Forschung und Entwicklung, die sowohl Leder als auch Kunstleder betreffen. Langlebigkeit sowie Recycling(-fähigkeit) sind relevante Innovationsrichtungen. |
Es werden konstant neue Leder in unterschiedlichen Ausprägungen und Spezifikationen entwickelt. Jedoch sind viele dieser Entwicklungen nicht erfolgreich am Markt. Sie kommen i.d.R. aus der Nische und bedienen dort einen kleinen Markt. |
Definition |
Status Quo |
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Werden u.a. durch die Kosten für Rohhäute, Chemikalien, Energie, Wasser und Entsorgung sowie Arbeitskosten bestimmt. |
Hohe Produktionskosten an Standorten mit stringenten Standards wie z B. der EU (Schutz von Umwelt, Verbraucher, Arbeitnehmer, Tierwohl) stehen in der Regel geringen Produktionskosten an Standorten mit niedrigen Standards (zumeist globaler Süden) gegenüber. |
Definition |
Status Quo |
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Innovationen beim Gerben bzw. bei den eingesetzten Chemikalien und Verfahren. |
Prozesse und Prozessinnovationen sind regional stark unterschiedlich. Es wird grundsätzlich wenig Automatisierung eingesetzt. Prozesse sind wenig individualisiert. Prozessinnovation wird fast ausschließlich von den wenigen „global players“ betrieben. Insgesamt ist die Lederbranche eine sehr traditionsbewusste Branche, die Prozessinnovationen tendenziell skeptisch gegenübertritt. |
Definition |
Status Quo |
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Die Qualität des Leders ist abhängig von der Qualität der Rohhäute. Pflege, Alter und damit indirekt Herkunft der Tiere wirken auf die Qualität der Rohhaut. |
Es existieren, etwa abhängig vom Standort, große Qualitätsunterschiede der Häute, wobei eine besonders gute Qualität mit einem entsprechenden Aufwand in der Aufzucht einhergeht. Lieferketten mit "Billigware" etwa aus Indien und Bangladesch geraten zunehmend unter Druck. |
Definition |
Status Quo |
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Bezogen auf die Fähigkeit, die in der Lieferkette eingesetzten Chemikalien und damit verbunden Prozesse und verantwortliche Akteure bestimmen zu können. So verstanden ist Rückverfolgbarkeit ein entscheidender Vorteil für die Einhaltung von dynamischen rechtlichen Anforderungen (Compliance) und sonstigen Vorgaben (z.B. aus Stofflisten wie der MRSL zu Prozesschemikalien der Brands-Initiative Zero Discharge of Hazardous Chemicals/ZDHC sowie aus Zertifikaten und Siegeln). |
Die Rückverfolgbarkeit zu Stoffen in (Leder-)Erzeugnissen und Prozessen ist eher gering. Sie ist nur sehr aufwendig herzustellen, u.a. aufgrund komplexer Lieferketten. Es herrschen regionale Unterschiede, da etwa in Europa, Nordamerika und China rechtliche Anforderungen in Kraft sind und auch durchgesetzt werden, die Rückverfolgbarkeit (implizit) zumindest bis zu einem gewissen Grad einfordern. Arbeitsweisen und fehlende Infrastruktur in den Lieferländern (zumeist globaler Süden) erschweren Rückverfolgbarkeit zusätzlich. Zudem herrscht vor allem in Europa eine Kultur der "Offenheit" – als Grundvoraussetzung für Transparenz und damit auch für Rückverfolgbarkeit. In wenigen Branchen (u.a. Automobil) ist Rückverfolgbarkeit bereits teilweise möglich. |
Definition |
Status Quo |
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Politische, gesellschaftliche und kulturelle Gegebenheiten und Entwicklungen (die sich einer direkten Einflussnahme durch die Lederbranche entziehen) (siehe zur Abgrenzung „Arbeitsbedingungen“). |
Standorte mit weniger stringenten Standards (Schutz von Umwelt, Verbraucher, Arbeitnehmer, Tierwohl) sind für Markenhersteller attraktiv aufgrund geringerer Produktionskosten. Die Politik solcher Standorte manifestiert diese "Wettbewerbsvorteile", etwa durch mangelnde Rechtsdurchsetzung. Der Niedriglohnsektor ist dominant, was Wohlstand nur für wenige bedeutet. Geringes Einkommen nimmt der Bevölkerung zugleich Chancen auf Bildung, eine zentrale Voraussetzung für kritischen Konsum, aber etwa auch für die Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten. |
Definition |
Status Quo |
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Vorhandensein in den verschiedenen Schritte der Lieferkette bezüglich dem Einsatz und der Wirkung von Chemikalien im Prozess sowie dem Endprodukt. |
Transparenz und Wissen nehmen entlang der Lieferketten ab: Die Chemieindustrie verfügt über umfassende Informationen zu ihren (Chemie-)Produkt-Eigenschaften (weniger zu den konkreten Anwendungsbedingungen in den Gerbereien); Gerbereien haben Detailinformationen zu den für sie relevanten Aspekten (inkl. Umweltwirkungen); Brands liegen nur punktuelle Informationen vor. Der Informationsstand der Verbraucher ist noch einmal geringer. |
Definition |
Status Quo |
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Wird durch die Anforderungen und Erwartungen an das Produkt sowie durch den Lebensstil (Einstellung) und Modetrends bestimmt. |
Faktoren wie Design, Modetrends, Preis und Materialeigenschaften (UV-beständig, wasserfest) bestimmen das Verbraucherverhalten. Eine geringe Anzahl von Verbrauchern berücksichtigt bei der Kaufentscheidung bezüglich Leder den Einsatz und Umgang mit Chemikalien in der Herstellung. |
Definition |
Status Quo |
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Natürliche Rohstoffe (z.B. als Basis für Chemikalien für die Gerbung) sowie Komponenten der Umwelt wie Boden, Luft, Wasser. |
In den Produktionsländern kommt es zu hohen Emissionswerten bezüglich Chemikalien in diversen Umweltmedien (Luft, Wasser, Boden), mit Auswirkungen auf die Ökosysteme. Knappheiten bestehen nur im Zusammenhang mit klimatischen Veränderungen (Ernteausfall). Mit Blick auf Flächennutzungen sind unterschiedliche Interessen und Ziele in Ausgleich zu bringen. Es bestehen Allianzen zum Schutz natürlicher Ressourcen. |
Definition |
Status Quo |
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Dazu zählen alle nicht unmittelbar der Natur entnommene Produktionsmittel, insbesondere die Rohhäute, Energie, Chemikalien, aber auch technische Produktionsmittel (Produktionsanlagen). |
Die Rohhautmärkte unterliegen starken Schwankungen; aktuell herrscht tendenziell Überangebot an Häuten minderer Qualität (Ursprung: zumeist globaler Süden). Es ist ein reiches Portfolio an Lederchemikalien vorhanden, aber teils fehlt es an Alternativen (z.B. zu mineralischer Gerbung bei gleichbleibenden Ledereigenschaften). Produktionsanlagen in unterschiedlichen Ausführungen (Größe, Teilautonom etc.) sind ebenfalls vorhanden; Infrastruktur in Abnehmerländern (z.B. Abwasserbehandlung) ist jedoch besser ausgebaut. Hochwertige Produktionsmittel gehen zudem mit höheren Kosten einher, die finanzielle Möglichkeiten in Drittstaaten teils übersteigen. |